Wie groß soll oder muss eine Visitenkarte sein? Dafür gibt es genau genommen keine offiziellen Normen, aber immerhin ein paar De-facto-Standards. Kommt nur darauf, auf welchem Kontinent Sie unterwegs sind.

 

Milliarden Visitenkarten werden allein in Europa jährlich produziert – und dafür soll es wirklich keine Norm geben? Der gelernte EU-Bürger kann es kaum glauben. Und hat mit seinen Zweifeln nicht ganz unrecht. Denn die allermeisten Visitenkartenmaße orientieren sich de facto an einer Richtlinie, die eigentlich für Ausweisdokumente erdacht wurde – der ISO/IEC 7810: Darin wird das sogenannte ID-1-Format definiert, es entspricht exakt 85,60 × 53,98 mm. Im Druck werden daraus meistens 85 x 54 mm, manche Anbieter runden auch auf 85 x 55 mm. Damit sind die europäischen Standard-Visitenkarten normalerweise etwa gleich groß wie Kreditkarten, Führerscheine und Personalausweise.

Doch warum halten sich fast alle Unternehmen an eine Norm, die für diese Anwendung gar nicht bindend ist? Wäre es nicht besser, den Kreativen freie Hand zu lassen und Visitenkarten in ungewöhnlichen Größen zu verteilen, um damit aufzufallen? Dass das ziemlich selten geschieht, hat ganz banale Gründe:

Formate, die deutlich größer sind als eine Kreditkarte, passen weder in Etuis noch in die Kartenfächer von Geldtaschen. Der Empfänger weiß oft nicht, wohin er sie stecken soll – und die Karte geht leicht verloren. Für Fälle, in denen besonders viel Information transportiert werden soll, wurde daher die Klappkarte erfunden: 4- oder noch mehrseitig, kann sie mit Werbebotschaften, Fotos, Öffnungszeiten oder Anfahrtspläne angereichert werden, und zusammengefaltet passt sie dennoch in die üblichen Verwahrungshüllen. Doch richtig durchgesetzt hat sie sich nicht – im Gegenteil: Im Zeitalter des mobilen Internets reicht ein QR-Code oder ein einfacher Link, um Zusatzinfos anzubieten.

Karten, die kleiner sind als eine Scheckkarte, sieht man in letzter Zeit wieder häufiger – z. B. Quadrate. Sie bieten aber oft zu wenig Platz oder wirken ganz einfach zu mickrig.

Dazu kommt noch der Kostennachteil: Sonderformate sind meistens teurer in der Herstellung als Standardkarten mit den Maßen 85 x 54 mm.

Schlanker in den USA, größer in Japan

In den USA sind die Kreditkarten zwar gleich groß wie in Europa, auf die Visitenkartengröße hatte das weit verbreitete Plastikgeld aber keinen Einfluss – warum nicht, das weiß keiner wirklich. Hier gilt jedenfalls als Standard die Größe von 3,5 x 2 Inch, das sind ca. 89 x 51 mm. Dieses Format wirkt etwas schlanker (siehe Vergleich im oberen Bild) und wird von US-Konzernen manchmal auch weltweit verwendet. Karten im Format 89 x 51 mm sind daher bei B2B-Anbietern wie prinux auf Sonderwunsch ebenfalls erhältlich. Sie passen in der Regel auch noch in europäische Geldtaschen und die meisten Visitenkarten-Etuis.

Zugabe, Zugabe!

Bei der Gestaltung von Visitenkarten ist allerdings nicht nur das Endformat von Bedeutung. Zu berücksichtigen sind auch die produktionsbedingten Besonderheiten. So kann es beim Schneiden manchmal  Toleranzen geben – sehr geringe zwar, aber die Effekte wären dennoch unschön, wenn man sie nicht von vornherein abfangen würde. Hintergrund ist, dass Visitenkarten nicht einzeln, sondern in größeren Bögen gedruckt und aus diesen dann  herausgeschnitten werden.

Farbige Hintergründe sowie Elemente, die bis an den Rand der Karte reichen (= „randabfallend“ gedruckt werden, so wie der grüne Balken des Logos in der Abbildung unten) sollten daher in der Druckdatei nicht exakt an der Schnittkante enden, sondern etwas über die Karte hinausragen. Diese Beschnittzugabe verhindert das lästige „Blitzen“, also weiße Streifen am Rand der Karte, die selbst dann auffallen, wenn eine flächig bedruckte Karte auch nur 1/10 mm falsch geschnitten wurde.

Umgekehrt sollte auch eine Sicherheitszone nach innen eingehalten werden: Texte sollten also nicht ganz bis an den Rand der Karte laufen, sodass sie bei ungenauer Endverarbeitung nicht angeschnitten werden.

Beschnittzugabe_Sicherheitszone2

Eine Druckvorlage ohne Beschnittzugabe könnte zu Karten führen, die so aussehen – am rechten Rand des Logos „blitzt es“ weiß:

Beschnittzugabe_Fehler

Traditionellerweise sind sowohl die Beschnittzugabe als auch die Sicherheitszone 3 mm groß, und dem entsprechend sollte auch eine Vorlagen-Datei für typische europäische Visitenkarten aufgebaut sein:

  • Endformat 85 x 54 mm
  • –3 mm Sicherheitszone nach innen ergibt ein „Satzspiegel“, in dem die Texte stehen sollten, von 79 x 48 mm
  • +3 mm Beschnittzugabe rundherum ergibt eine Dateigröße von 91 x 60 mm.

In der Praxis kommen derart große Abweichungen heute kaum mehr vor. Bei der Beschnittzugabe gilt aber: Lieber zu viel als zu wenig, denn der überstehende Rest wird ohnehin abgeschnitten. Und was die Sicherheitszone angeht, so sprechen meistens auch ästhetische Gründe dafür, den Text nicht allzu sehr an den Rand zu drängen.