Fünf, sechs, sieben Punkt, oder doch größer? Wie klein dürfen Texte auf Visitenkarten wirklich gesetzt werden? Die Antwort lässt sich nicht einfach in Zahlen ausdrücken.

Visitenkarten müssen lesbar sein – so weit, so selbstverständlich. Aber was heißt das für die Schriftgröße? Kommt darauf an – auf die Schriftart nämlich. Denn so seltsam es für Laien klingen mag: Die Punktgröße, die man im Schriftmenü auswählen kann, ist relativ. Sie gibt nämlich nur die Kegelhöhe an, also den vertikalen Abstand zwischen zwei Grundlinien, ohne zusätzlichen Zeilenabstand (siehe Grafik: der Abstand zwischen den grünen Linien ist die Kegelhöhe).

Was sich zwischen diesen beiden Grundlinien abspielt, ist von Font zu Font höchst unterschiedlich. Manchmal wird der Raum gut ausgenützt, manchmal weniger. Das zeigt sich dann an der sogenannten Versalhöhe. Diese gibt an, wie hoch ein Großbuchstabe tatsächlich ist, in der Grafik also das V. Und je größer die Versalhöhe, desto besser lesbar ist – neben anderen Faktoren – die Schrift. Das abgebildete Beispiel zeigt: Alle 4 Zeilen sind in der gleichen Punktgröße gesetzt, die Versalhöhe ist aber in der dritten Zeile wesentlich geringer als in der zweiten.

Ein zweiter Indikator für die tatsächliche Größe – und somit die Lesbarkeit – ist die so genannte x-height, also die Höhe des Buchstabens x und somit der meisten Kleinbuchstaben. Je nach Schriftart ist das Verhältnis zwischen Versal- und X-Höhe unterschiedlich. Tendenziell sind Schriften mit relativ großer x-height besser lesbar.

Die Sünden der Digitalisierer

Warum das so ist? Das müssen Sie in erster Linie die Schriftdesigner fragen. Denn sie legen fest, wie sie die einzelnen Buchstaben innerhalb der Kegelhöhe positionieren und proportionieren. Hin und wieder sind aber auch bei der Digitalisierung vorhandener Fonts schwer nachvollziehbare Entscheidungen getroffen worden – so gibt es z. B. keinen vernünftigen Grund dafür, dass die Versalhöhe bei Times (Zeile 1 in der Grafik) geringer ist als bei Helvetica (Zeile 2). Das ist ärgerlich, weil diese Unterschiede das Mischen von verschiedenen Schriftarten in einer Zeile erschweren – und eben auch Faustregeln über optimale Schriftgrößen unsinnig machen.

Testen, testen, testen

Was also tun? Die Lösung ist so banal wie zeitraubend: Wer eine Visitenkarte perfekt gestalten will, kommt an Trial & Error nicht vorbei:

  • Zuerst die Schriftart festlegen (sie ist oft ohnehin vom Corporate Design vorgegeben),
  • dann verschiedene Schriftgrößen ausprobieren,
  • Probedrucke machen,
  • möglichst viele – unterschiedlich alte – Menschen probelesen lassen und schließlich
  • den besten Kompromiss zwischen Platzbedarf und Lesbarkeit wählen.

Wenn Laser lügen

Werden wichtige Texte nicht schwarz auf weiß, sondern grau, farbig und/oder auf einem Hintergrund gedruckt, ist das exzessive Testen umso wichtiger. Probeabzüge auf Laser- oder Tintenstrahldruckern sind allerdings nicht immer ideal, da sie gerade sehr kleine bzw. farbige oder aufgerasterte Schriften anders  – meistens fetter –drucken als eine professionelle Druckmaschine. Für Unternehmen mit wiederkehrendem Bedarf heißt das: Original-Muster vom Lieferanten anfordern und notfalls ein paar Korrekturschleifen drehen! Etwas mühsam, aber die vielen Empfänger Ihrer Firmenkarten werden es Ihnen danken.